Apple öffnet sich für alternative App-Stores dank Digital Markets Act mit iOS 17.4

30.01.2024
Apple-Nutzer erhalten voraussichtlich ab März mit iOS 17.4 die Möglichkeit, App-Stores anderer Anbieter zu installieren und von dort Anwendungen herunterzuladen. Diese Veränderung ist eine Reaktion auf das EU-Gesetz über Digitale Märkte, das großen Online-Plattformen, den sogenannten Gatekeepern, untersagt, alternative App-Marktplätze von ihren Geräten auszuschließen. Diese Neuerung bedeutet, dass Kunden aus verschiedenen Diensten zu fairen Preisen wählen können, anstatt ausschließlich auf die hauseigenen Apple-App-Stores beschränkt zu sein.
Bevor wir weitere auf die Auswirkungen für Apple eingehen, wollen wir an dieser Stelle kurz sinnieren, was es für uns als App Entwickler bedeutet, wenn wir künftig App nicht nur über die bekannten Stores, sondern auch über neue Plattformen vertreiben können.

Neue App Stores: was bedeutet das für App Entwickler?

Weniger Gebühren, mehr Aufwand

Das Eintreten neuer App Stores auf den Markt bringt nicht nur Vorteile für die Nutzer, sondern auch für die App-Entwickler. Der Wettbewerb im Ökosystem von Apple erhält eine neue Dynamik, denn andere Marktplätze müssen über den Preis mit den etablierten Stores konkurrieren und werden daher deutlich weniger Gebühren von den App Entwicklern bei Verkäufen einbehalten.

Gleichzeitig wächst aber auch der Aufwand für die Veröffentlichung, denn das Einstellen einer App in einen App Store ist mit einigen Mühen verbunden, insbesondere um allen rechtlichen Anforderungen zu genügen.

Anbieter alternativer App Stores

Interessant ist auch die Frage, wer künftig alternative App Stores anbieten könnte. Hier sind einige potenzielle Kandidaten:

  1. Amazon: Amazon verfügt über umfangreiche Erfahrung im Bereich des digitalen Handels und betreibt bereits einen eigenen App-Store für Android-Geräte. Es ist anzunehmen, dass Amazon Interesse daran hat, seine Dienste auch auf iOS-Geräte auszuweiten.
  2. Samsung: Samsung ist einer der größten Hersteller von Android-Geräten und betreibt ebenfalls einen eigenen App-Store für seine Geräte. Das Unternehmen wird Ambitionen haben, eine ähnliche Plattform auch für iOS anzubieten.
  3. Google: Google ist der Entwickler des Android-Betriebssystems und betreibt den Google Play Store, den größten App-Store für Android-Geräte. Obwohl es eine gewisse Ironie wäre, wenn Google einen alternativen App-Store für iOS anbietet, ist es dennoch denkbar, dass das Unternehmen diese Möglichkeit in Erwägung zieht.
  4. Epic Games: Epic Games ist vor allem als Entwickler von Videospielen wie Fortnite bekannt, hat aber auch Erfahrung im Betrieb von digitalen Vertriebsplattformen. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit Auseinandersetzungen mit Apple geführt und könnte möglicherweise Interesse an der Bereitstellung eines alternativen App-Stores für iOS haben.
  5. Tencent: Tencent ist ein chinesisches Technologieunternehmen, das eine Vielzahl von Diensten und Plattformen betreibt, darunter auch einen eigenen App-Store für mobile Geräte.
  6. Nischenanbieter: Alle bisherigen Kandidaten haben eines gemeinsam: es sind Multi-Milliarden-Dollar Konzerne, die einen Massenmarkt bedienen. Aus lukrativen Nischen (siehe unten) könnten bisher weniger bekannte Unternehmen hervortreten, die einen eigenen Store mit weniger strikten Regeln anbieten.

Die neuen App-Stores werden bunter

Apple behält sich zwar das Recht vor, die über andere App Stores installierten Apps technisch zu prüfen, wird sie jedoch vor der Prüfung auf guten Geschmack entsprechend der gefürchteten(?) App Store Review Guidelines verschonen. Es ist zu erwarten, dass mehrere große Unternehmen, wie die oben genannten, App Stores anbieten, die jedoch inhaltlich wenig von den bisherigen abweichen. Es wäre aber nicht verwunderlich, wenn auch neue Spieler den Markt beträten und Marktplätze schaffen würden, die etwas freizügiger sind, als die bisher bekannten.

Wer also Apps veröffentlichen oder nutzen möchte, bei denen man auch mal eine Brustwarze sieht - oder ähnliche bei Apple undenkbare Inhalte - darf sich doppelt über den Digital Markets Act und die neuen Möglichkeiten freuen, denn hier wird es künftig Apps geben, die vorher dem strengten Moralfilter von Apple zum Opfer fielen. Damit eröffnet sich auch für App Entwickler ein neuer Markt mit neuen Chancen (ohne hier jemanden zu etwas motivieren zu wollen):

  • Erotik-Apps
  • "Dating mit Bezahlfunktion" Apps - also solche, die den/die/das ProstituierteInnen mit der/dem/das FreierIn zusammenbringt
  • Apps mit alternativen Bezahlmodellen
  • Multi-Level-Marketing Apps, früher ebenso schön als Strukturvertrieb bezeichnet. Seriösere bekannte Varianten sind hier etwa Tupperware™, Amway™, Herbalife™, doch das Ganze gibt es ja auch in unseriöseren Prägungen
  • Lotto-, Gewinnspiel- und Glücksspiel-Apps, wenngleich hier die jeweiligen geltenden rechtlichen Bestimmungen der Ländern zu berücksichtigen sind
  • Warenhandel mit nur regional legalisierten Waren wie Cannabis
  • Special Interest der Grauzonen

Auswirkungen des Digtial Markets Act auf Apple

Apple säht Angst - und setzt auf Faulheit

Derweil warnt Apple natürlich vor möglichen Sicherheitsrisiken, die durch das Herunterladen von Apps aus anderen Quellen entstehen könnten. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft hingegen argumentiert, dass jeder Marktplatz ein Interesse daran haben sollte, seinen Kunden ein sicheres Kauferlebnis zu bieten, und dass Plattformen, die diesem Standard nicht gerecht werden, schnell verschwinden werden.

Auch ist kaum davon auszugehen, dass der durchschnittliche Endkunde ein großes Verlangen nach anderen Marktplätze verspürt, da die Gebühren ja der App Entwickler zahlt und im Zweifelsfalle die Sicherheit und Bequemlichkeit des bekannten App Stores behaglicher ist, als sich mit etwas neuem auseinandersetzen zu müssen.

Apple hat bereits angekündigt, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, darunter die Überprüfung von Apps auf Schadsoftware und andere Sicherheitsbedrohungen. Trotzdem werden die mit den Apps verbundenen Geschäftspraktiken und Inhalte nicht überprüft. Zudem müssen sich App-Store-Entwickler künftig autorisieren lassen und nachweisen, dass sie bestimmte Anforderungen erfüllen. Ein kritischer Punkt ist jedoch, dass Apple selbst diejenigen auswählt, die den Ansprüchen des Unternehmens gerecht werden und welche Apps den Nutzern angeboten werden dürfen. Diese Selbstregulierung und Einschränkung des Wettbewerbs seitens Apple steht im Widerspruch zum Geist des Digital Markets Acts.

Neue Gebühr bei Apple für Erstinstallationen

Die Öffnung und damit verbundenen sinkenden Umsatzbeteiligungen hat die findigen Strategen bei Apple dazu getrieben, einen neue Umsatzquelle zu erfinden: eine Gebühr pro Installation. App Entwickler bezahlen jetzt ab einer Million Erstinstallationen für jede weitere Installation 50 Cent. Die Grenze liegt zwar hoch und verschont damit die meisten Entwickler und Publisher, für die großen Tech-Unternehmen und viel genutzten Social Apps summiert sich das aber. Diese neue Abgabe wird die Abwanderung in andere Stores voraussichtlich mehr als kompensieren. Insofern ist die Neuerung für die Apple-Shareholder eher kein Grund für Angstschweiß.

Freie Browserwahl, Freie Bezahldienste

Nicht nur der App Store, sondern auch der Browser und die Bezahldienste werden künftig frei wählbar sein. Apple ergreift diese Maßnahmen, um den Vorwürfen der Monopolstellung entgegenzutreten. Dazu gehört die Möglichkeit - wenigstens für europäische iPhone-Nutzer - ihren Standard-Browser frei zu wählen, sowie die Option, alternative Bezahlmethoden zu nutzen. Beides war bisher aufgrund möglicher Sicherheitsrisiken nicht gestattet.

Zusammenfassend bleibst festzustellen, dass auf den ersten Blick, für die meisten User und auch Apple selbst sich nicht viel ändern wird. Für eine wohl gar nicht allzu kleine Randgruppe wird sich durch die Öffnung aber doch das Smartphone künftig noch amüsanter nutzen lassen. Die "first mover" unter den App Entwicklern haben hingegen eine tolle Möglichkeit in einen Nischenmarkt einzutreten, wenngleich es eine Weile dauern wird, bis sich aus den neuen App Stores die Favoriten herauskristallisieren und es auch hier zu einer gewissen Konzentration kommt

Links zu Apples iOS 17.4

Entwicklerinformationen zu iOS 17.4 für die EU (engl.)



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